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Es geht um die Zukunft Europas!

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(English version below)
 

Eine offene Antwort an Sigmar Gabriel und Martin Schulz auf den SPD-Mitgliederbrief „Neues Hilfsprogramm für Griechenland“ von Johanna Klingbeil (Vizepräsidentin der Young European Socialists) und Jan Lichtwitz (Vizepräsident der International Union of Socialist Youth).

Lieber Sigmar, lieber Martin,

als wir Montag unsere Postfächer öffneten und euren Mitgliederbrief gelesen haben, da wussten wir nicht, ob wir weinen oder lachen sollten. Dass ihr Privatisierung, Sozialkürzung und die Ablehnung eines für eine nachhaltige Lösung dringend nötigen Schuldenschnitts als Bestehen einer „historischen Bewährungsprobe“ präsentiert, durch die Europa zusammengefunden habe, ist völlig daneben. Ein weiteres Mal macht ihr euch größere Sorgen um „die deutschen Steuerzahler“, als um die griechische Bevölkerung, die sich in einer existenziellen wirtschaftlichen und sozialen Krise befindet.

Unsere erste Erleichterung über die Einigung der Staats- und Regierungschefs der Euro-Gruppe und die Abwendung von Schäubles Grexit-Phantasien hat nicht lange angehalten. Es überwiegt für uns die Sorge und Enttäuschung. Eine Lösung für Armutsbekämpfung und wirtschaftliche Erholung in Griechenland ist nicht in Sicht. Die gescheiterte Sparpolitik wurde ein weiteres Mal gegen jede wirtschaftliche Vernunft durchgesetzt. Dringend notwendige Investitionen sollen durch Privatisierung finanziert werden. Nicht zuletzt die Grexit-Polemik aus der deutschen Bundesregierung hat den Zusammenhalt in Europa und die europäischen Grundwerte beschädigt. Noch immer enthält der Forderungskatalog an Griechenland die alten, falschen Instrumente. Es geht um Rentenkürzungen, automatische Ausgabenkürzungen, Mehrwertsteuererhöhung und Privatisierung öffentlicher Güter, sprich es geht um dieselbe gescheiterte Austeritätspolitik der letzten Jahre! Damit wird die griechische Wirtschaft weiter belastet und die Krise in Europa weiter verschärft.

Wir gehören zu einer jungen Generation, die selbstverständlich mit der Europäischen Union, der Idee von Freiheit und Frieden aufgewachsen ist. Diese Idee scheint mehr denn je in Gefahr zu sein. Wir engagieren uns in der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Partei Europas, den Young European Socialists, bzw. in der International Union of Socialist Youth, dem internationalen jungsozialistischen Dachverband mit über 100-jähriger Tradition und über 100 Mitgliedsverbänden. Unsere Genossinnen und Genossen in Europa und der ganzen Welt teilen uns ihre Sorge und ihr wachsendes Unverständnis über die Haltung der deutschen Sozialdemokratie mit. Wir teilen dieses Unverständnis. Wir akzeptieren nicht, dass die SPD-Spitze die konservative Sparpolitik á la Merkel und Schäuble mitträgt und vorabtreibt. Von der SPD und dir Martin als Spitzenkandidat, für die viele Jusos, aber auch viele unserer Genossinnen und Genossen in den unseren Partnerorganisationen letztes Jahr im Wahlkampf auf die Straße gegangen sind, ist wenig übrig geblieben. Das war eine SPD, der wir zugetraut haben Europa zu verändern. Eine SPD, von der wir dachten, dass sie Europa nicht nur offener und solidarischer, sondern auch sozialdemokratischer machen wird! Nicht nur in der Flüchtlingsdebatte hat uns eine SPD gefehlt, die diese Werte vertritt, nein auch in der Griechenlandkrise, haben wir gesehen, dass die SPD diese Hoffnungen nicht erfüllt hat.

Der Vorschlag eines zeitweiligen Grexits von Bundesfinanzminister Schäuble am vergangenen Wochenende war inakzeptabel und hat zu einem schweren Vertrauensverlust in Europa geführt. Hier hätten wir klaren Widerspruch aus der SPD erwartet. Dass du, Sigmar, auf Facebook gefordert hast, der Vorschlag müsse „unvoreingenommen geprüft werden“, hat nicht zuletzt auch zu einem Vertrauensverlust vieler Jusos in dich als SPD-Vorsitzendem geführt. Dass du auch in dieser Frage deine Meinung wieder korrigiert hast, konnte daran kaum etwas ändern.

Vor einigen Wochen haben wir am Kongress der sozialdemokratischen Partei Europas teilgenommen. Du lieber Sigmar, warst nicht anwesend. Das ist schade und  unterstreicht auch den Stellenwert, den die SPD der PES einräumt. Das ist nicht nur traurig, sondern für eine Partei, die sich Vorreiterin der Europäischen Idee sieht, eine Schande. Dort hätten wir uns eine intensivere Debatte über einen Politikwechsel in Europa gewünscht. Der hohe Anspruch der SPD bei Personalentscheidungen innerhalb der PES muss sich auch in der inhaltlichen Mitgestaltung widerspiegeln. Wir wollen, dass die SPD wieder als europäische Partei wahrgenommen wird und dafür muss sich die SPD für eine klare Stärkung der PES einsetzen und sich aktiv in dieser einbringen.

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen in YES und IUSY streiten wir für einen echten Politikwechsel in Europa. Die Verantwortung dafür, dass ein Wandel in Europa gelingt, verlorenes Vertrauen wieder aufgebaut wird und wir in Zukunft in einem sozialen und friedlichen Kontinent leben können, liegt zu einem großen Teil bei euch. Nutzt sie!

Sozialistische und internationalistische Grüße

Johanna und Jan

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Open letter to Sigmar Gabriel (Chairman of SPD) and Martin Schulz (President of European Parliament) written by Johanna Klingbeil (YES Vice President) and Jan Lichtwitz (IUSY Vice President)

Dear Sigmar, dear Martin,

When we opened our mails on Monday and read your letter to all members of the SPD, we did not know, if we should cry or laugh. Privatization, massive financial cuts in the social budget and the refusal of a debt relief, which would be necessary for a sustainable solution, are not a “historic prove” of the unity of Europe, your call on this is just wrong. Again you are having greater worries about the “German taxpayer” than the Greek population, who is in an existential economic and social crisis.

Our initial belief about the agreement of the heads of governments of the Euro-group and the prevention of the Grexit-ideas of Finance Minister Schäuble did not last long. For us, the worries and the disappointment dominate. A solution to the fight against poverty and economic growth in Greece is not in sight. The failed austerity policies have again succeeded against economic reasonability. Urgently necessary investments shall be paid through privatization. Moreover has the Grexit-polemic of the German government seriously damaged the unity of Europe and its basic values.  The demands of the Euro-group are full of the old and obviously wrong measures. We talk about reduction of pensions, automatic cuts in expenditures, raising of VAT and privatization of public goods, which is nothing else than the failed austerity measures of the last years! The pressure on the Greek economy will become stronger and the crisis in Europe will deepen.

We belong to a young generation, who has grown up with the European Union, the ideas of freedom and peace. Today, these ideas seem to be in danger. We are part of the Young European Socialists, the youth organization of the Party of European Socialists and also of the International Union of Socialist Youth, our socialist umbrella organization with over a hundred years of tradition and more than a hundred member organizations. Our comrades from Europe and all over the world share with us their worries and their rising lack of understanding about the role about of the German Social democracy. We share their lack of understanding. We do not accept that the leaders of the SPD work together with Merkel and Schäuble to promote their conservative austerity policies. From the SPD and especially from you, Martin, for whom many Jusos were fighting for as our leading candidate in the last elections, is not much left. It used to be a SPD, in which we had put our hopes to change Europe. A SPD, which we thought of, would make Europe not only more open and solidary, but also based on social democratic values! Not only in the debate about refugees did the SPD not stand for its values, no, also in the case of Greece have we seen that the SPD cannot fulfill our hopes.

The suggestion of a temporary Grexit by Finance Minister Schäuble last weekend was not acceptable and has led to a loss of trust in Europe. Here, we would have accepted strong opposition of the SPD. The demand of you, Sigmar, via Facebook, that this suggestion needs to be checked evenhanded has again led to a loss of trust from many Jusos into the chairman of the SPD. That you changed your opinion on this question has not changed much.

Few weeks ago we took part in the congress of the Party of European Socialists. You, dear Sigmar, were not there. This is a pity and it underlines the significance, the SPD gives towards the PES. This is not only disappointing, but for a party, which sees itself as a pioneer for the European idea, it is a shame. It would have been great, if we had had more intense debates about political change in Europe. The demands the SPD has, when it comes to personnel decisions within the PES, needs also to be seen when it comes to substantial questions on thematic issues. We want that the SPD becomes a party which is seen as a European party and therefore the SPD needs to strengthen the PES and get actively involved.

Together with our partner organizations YES and IUSY, we fight for a real political change in Europe. It is our responsibility, that change in Europe can happen, that lost trust is rebuilt and that we can live together in future on a social and peaceful continent in the future. Use this responsibility!

With socialist and internationalist regards,

Johanna and Jan


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